Anwendungsbeispiele: Produzierende Industrie, Ökologische Nachhaltigkeit
Wertschöpfungsbereich: Produktion & Lieferkette, Service
Entwicklungsstadium: Marktreife / produktiver Einsatz
Unternehmensgröße: 1 - 250 Mitarbeiter
Region: Bayern
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Ablaufschema des gesamten 4.0 Prozesses

© Hofmann GmbH & Co. KG Druck + Medien

Welche Herausforderungen galt es zu lösen und welcher konkrete Nutzen ergab sich?

Das Ziel für Hofmann war durch Automatisierung und Vernetzung die eigene Produktion völlig flexibel an Bedarf und Takt des industriellen Kunden anzupassen, dabei die Qualitässicherung zu perfektionieren, gleichzeitig den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die Zeitfenster zwischen Bestelleingang, Produktion und Lieferung auf wenige Stunden zurückzufahren.

Durch dieses Gesamtkonzept nach Industrie 4.0 sichern wir die Zukunft unserer Druckerei. Die gesamte deutsche Druckbranche ist hart umkämpft. Überkapazitäten, Verdrängungswettbewerb, Technologiewandel in Produktion und ein gesellschaftlicher Wandel im Mediengebrauch sorgen seit Jahren für eine rückläufige Zahl an Betrieben.

„Das von uns entwickelte Gesamtsystem läuft so überzeugend, dass der Kunde den extremen Grad der Vernetzung und der Flexibilität bereits für eine zusätzliche, neue Gerätereihe ab 2017 fix einplant und eine Verwendung für weitere Geräte und Produktionsstandorte prüft“, erklärt Thorsten Kelp, Vertriebsleiter und Mitglied der Geschäftsführung. „Unsere Entwicklung wirkt somit nachhaltig und wir werden unsere Kapazitäten erfreulicherweise entsprechend erweitern.“

Wie lässt sich der Industrie 4.0-Lösungsansatz beschreiben?

Durch den Einsatz eines browsergestützten Lieferanten Portals (SAP-GUI) werden alle produktionsrelevanten Kunden Daten abgegriffen und mittels eines selbstentwickelten SQL-gestützten Workflowsystems durch die gesamte eigene Produktion und Qualitässicherung geleitet.

Was konnte erreicht werden?

Zur Umsetzung des von uns entwickelten Gesamtkonzeptes war eine zusätzliche Entwicklung eines komplett neuartigen und am Markt nicht erhältlichen Qualitäts- und Konfektioniersystems als zentraler Punkt zwingend erforderlich. Unser firmenübergreifender, automatischer Prozess vernetzt alle benötigten Abteilungen kunden- und lieferantenseits ohne System- oder Medienbruch. In der Vergangenheit kamen in allen beteiligten Bereichen aufwendige, sehr personenlastige Prozesse zum Einsatz, die verwaltungsintensiv, fehlerträchtig und somit teuer waren. Die Vorteile werden augenscheinlich:

Einblicke in Datenfluss, Produktion, QM-Kontrolle und Ausrüstung der Produkte. Bild vergrößern

Einblicke in Datenfluss, Produktion, QM-Kontrolle und Ausrüstung der Produkte.

© Hofmann GmbH & Co. KG Druck + Medien

  • drastische Reduzierung des administrativen Aufwands beim Kunden und beim Lieferanten
  • keine Dispositionsarbeit beim Kunden nötig, bei gleichzeitiger enormer Steigerung der Flexibilität und Geschwindigkeit bei Produktionsumstellungen oder Produktionsänderungen in seiner Fertigung
  • keinerlei Vereinnahmung, Buchung oder Lagerbewegung der gelieferten Ware beim Kunden durch Milkrunlieferung 6 - 8 mal am Tag durch Lieferant bei einer Tagesproduktion von ca. 8.000 Geräten
  • kein Lagerbestand (gebundesnes Kapital) bei einer Varianz von ca. 35.000 verschiedenen Einzeltiteln die imaginär vorgehalten werden und nur bei Bedarf stückgenau gefertigt werden
  • Eliminieren von Fehlerquellen an Schnittstellen der Abteilungen untereinander durch Automatisierung
  • Änderungen in den Konstruktionsstücklisten und somit in der Zusammensetzung des Inhalts der Infor mationspakete ist jederzeit ohne jedwede zu übermittelnde Information möglich (fliegende Stücklisten)
  • drastische Reduzierung der Kosten für Fehlerbehebung und Nacharbeit durch automatische, vollelektronische Qualitätskontrolle jeder einzelnen Inhaltskomponente und Dokumentation der Einzellesungen
  • perfektes, umweltschonendes Ressourcenmanagement durch stückgenaue Produktion im Bedarfsmoment (on demand) und Einsatz von Pendelbehältnissen zur Lieferung

Mit welchen Maßnahmen wurde die Lösung erreicht?

Proaktiv loggt sich die Fa. Hofmann über ein browsergestütztes Lieferantenportal in die SAP Systeme seines Kunden (eines namhaften, deutschen Hausgeräteherstellers) ein. Alle produktionsrelevanten Daten aller Fertigungslinien des Kunden werden mit einem zeitlichen Vorlauf von 4 (!) bis 24 Stunden auf die Produktion des Kunden abgefragt. Dabei wird in der Prozesstiefe nicht nur auf Datum, Uhrzeit, Linie, Gerätetyp und Stückzahl gegangen, sondern es erfolgt ein Einstieg in die nächsttiefere Datenebene direkt in die Konstruktionsstückliste des jeweiligen Gerätes und die Abfrage der für dieses Gerät am Abfragetag benötigten individuellen Einzeldruckstücke. Die abgefragten Daten werden direkt in ein selbstentwickeltes, SQL-gestütztes Workflowsystem geleitet und sofort im hausinternen Rechenzentrum zerrechnet. Es erfolgt eine Aufspaltung in Just-in-Time zu druckende Produkte und Pickartikel von Lagerware.

Jetzt erst startet die Produktion bei Fa. Hofmann. Die über digitale Druckstraßen stückgenau produzierten Einzeldruckstücke werden zusammen mit den Pickartikeln an ein eigens von Fa. Hofmann entwickeltes Konfektionier- und QM-System übergeben. Alle anfangs abgefragten Daten werden dabei über den Workflow automatisch als QM-Prüflogik an das System übergeben, das mit High-End Kameras, jeden Artikel einzeln prüft und nach erfolgreicher Prüfung Informationspakete mit individuellem Inhalt aufbaut. Diese Pakete werden einzeln in Folie verschweißt und über Fördertechnik in bestimmte, umweltfreundliche Pendelbehältnisse abgeworfen. Ist das Produktionslos fertig, wird automatisch ein Label mit Barcode, Auftragsnummer des Kunden, Linie, Datum und Uhrzeit ausgedruckt und am Behälter fixiert. Die Lieferung erfolgt über einen Milkrun 6 - 8 mal am Tag direkt zu der benötigten Stelle (Linie) mit eigenen Fahrern. Es erfolgt keine Wareneingangsbuchung und kein Ein- und Auslagern der benötigten Teile - das Zeitfenster ist dazu viel zu klein. Am Ende des Prozesses erfolgt die Bezahlung über ein digitales, retrograd auflösendes Gutschriftsverfahren.

Was können andere davon lernen?

Dieser Prozess führt zu einer Win-win-Situation für mittelständische Zulieferer und verarbeitende Industrie und somit aus Lieferantensicht zu einer deutlichen, stringenten Differenzierung zu seinen Wettbewerbern. Der Prozess wird zum Alleinstellungsmerkmal. Die aus dem hohen Grad der Vernetzung und Automatisierung resultierende optimale Kundenpflege und Kundenbindung ist zukunftssichernd für Arbeitsplätze und Gewerk vor Ort.Der Prozess ist nachhaltig, umweltschonend und jederzeit auf Produkte anderer Gewerke skalier- bzw. ausdehnbar.