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Dr. Philipp Haas

© Robert Bosch GmbH

In den Teilnahmebedingungen sind die Praxis-Erfahrungen erfahrener Anwälte und Unternehmensjuristen, auch aus der Vertragspraxis von Bosch, eingeflossen. Mit seiner ausgewogenen Gestaltung – einschließlich einer beidseitig ausgestalteten Haftungsklausel – setzt der Mustervertrag bewusst einen Gegensatz zu der häufig anzutreffenden Herangehensweise von Plattformanbietern, die Risiken aus der Vertragsdurchführung weitgehend auf die Kunden zu übertragen. Ob die gegenseitigen Verpflichtungen in einem konkreten Anwendungsfall angemessen sind, muss allerdings im Einzelfall geprüft werden. Insbesondere wenn Plattformleistungen kostenlos angeboten werden, dürfte eine asynchrone Ausgestaltung der Haftungsregelung in Betracht kommen (wie sie auch das BGB für Leihe und Schenkung vorsieht). Die ausgewogene Gestaltung ändert nichts daran, dass die AG 4 der Plattform Industrie 4.0 eine Reform des AGB-Rechts für sinnvoll hält, weil nach derzeitiger Rechtsprechung selbst eine beidseitige Haftungsbegrenzung im B2B-Kontext wohl als AGB-widrig angesehen werden kann.

Die zweite Besonderheit, die die Teilnahmebedingungen für den Praxiseinsatz relevant machen dürften, ist der generische und gleichzeitig modulare Ansatz. Dieser ermöglicht, die Abbildung zahlreicher Anwendungsfälle unter Verwendung der vorgegebenen Struktur mit der Möglichkeit (bzw. auch dem Erfordernis) die Leistungen des Plattformproviders, Service Level und Vorgaben für die IT-Sicherheit individuell zu beschreiben. Durch die Option der Einbindung von Vertragsvorlagen für das Rechtsverhältnis zwischen den Nutzern einer Plattform ist es möglich, die Transaktionsabwicklung zu vereinfachen und zu standardisieren.

Die Ausgewogenheit und Einfachheit dürfte abseits von marktstarken Unternehmen Voraussetzung dafür sein, dass sich B2B-Plattformmodelle durchsetzen. Man könnte einwenden, dass sich Plattformen im Verbraucherbereich nicht daran halten und trotz unausgewogener und komplizierter Vertragsbedingungen durchgesetzt haben. Die rechtliche und tatsächliche Situation ist hier aber eine andere. Verbraucherrecht ist mittlerweile – weit über die Grenzen des AGB-Rechts hinaus – in weiten Bereichen reguliert. Das hat zur Folge, dass für den Verbraucher nachteilige Vertragsklauseln in der Regel unwirksam sind. Zudem bieten Verbraucherplattformen häufig freiwillige Leistungen (z. B. die Rücknahme digital gekaufter Medien innerhalb bestimmter Fristen) an, was dem Verbraucher zugutekommt und für seinen kurzfristigen Bedarf attraktiv ist. Demgegenüber bestehen an B2B-Plattformen andere Anforderungen. Verbraucherschützende Vorschriften sind kein Korrektiv für benachteiligende Bedingungen. Freiwillige Leistungen, auf die kein Anspruch besteht, helfen Unternehmern nicht bei der langfristen Planung und Etablierung neuer Geschäftsmodelle. Eine klare und faire Regelungsstruktur schafft dagegen Vertrauen und kann sich für die Plattform als wettbewerbsdifferenzierendes Merkmal erweisen.

Wir hoffen auf einen möglichst breiten Einsatz der Bedingungen und freuen uns über alle Rückmeldungen, die wir zu diesem Thema erhalten.