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Dr. Alexander Duisberg © Bird & Bird LLP

Was sind die Kernaspekte des Mustervertrages?

Dem Mustervertrag liegt ein zweistufiger Aufbau zugrunde: Er regelt das Rechtsverhältnis zwischen dem Plattformbetreiber und jedem Nutzer (erste Stufe), damit der Nutzer seinerseits mit anderen Nutzern Industrie 4.0 Prozesse und Transaktionen rechtlich abbilden und abwickeln kann (zweite Stufe).

Wir haben uns auf die erste Stufe konzentriert und die Grundbedingungen der Plattformnutzung geregelt:

  • Leistungsumfänge des Plattformanbieters, die in den Anlagen näher auszuführen sind (inkl. Verfügbarkeiten und Service Levels, IT-Sicherheit, automatisierte Erklärungen einschließlich Vertragsabschlüssen, Datenschutzdokumentation);
  • Nutzerregistrierung;
  • Pflichten des Nutzers bzgl. der von ihm eingestellten Daten und Inhalte;
  • begrenzte Nutzungsrechte des Plattformbetreibers an Industrie 4.0 Daten der Nutzer;
  • Freistellungen von Ansprüchen Dritter;
  • Vergütung;
  • Gewährleistung des Plattformbetreibers (entsprechend dem mietrechtlichen Charakter eines Plattformdienstes);
  • Haftung unter Beachtung des AGB-Rechts;
  • Laufzeit und Vertragsabwicklung;
  • Geheimhaltung, Datenschutz und Datensicherheit;
  • Zertifizierung und Audit, Schlussbestimmungen (Rechtswahl deutsches Recht und Streiterledigung).

Auf der zweiten Stufe hat jeder Nutzer grundsätzlich volle Vertragsfreiheit, seine Nutzerdienste zu eigenen Bedingungen anzubieten. Er muss sich lediglich an die „Spielregeln“ auf der Plattform-Ebene halten und hat die Möglichkeit, ggf. auf (noch zu entwickelnde) Musterverträge für bestimmte Industrie 4.0 Transaktionen zurückzugreifen.

Für wen ist der Mustervertrag relevant?

Der Mustervertrag ist für Unternehmen im Mittelstand bzw. KMU-Segment gedacht, die mit begrenzten Ressourcen selbst einen Plattform-Vertrag für Industrie 4.0 Anwendungen aufsetzen oder ihn als „ausformulierte Checkliste“ nutzen möchten, um Plattform-Verträge anderer Anbieter auf ihre Ausgewogenheit zu prüfen. Aber auch Syndikusanwälte größerer Unternehmen und externe Rechtsberater sollen davon profitieren, dass sich eine hoch erfahrene Gruppe von Syndikusanwälten und Rechtsanwälten unter Leitung von Prof. Borges über ein Jahr intensiv mit den Grundfragen und der Ausformulierung des Mustervertrages befasst hat.

Wir haben den Mustervertrag so verfasst, dass er weder Plattformbetreiber noch (unternehmerische) Nutzer bevorzugt. Wir versprechen uns damit gute Chancen, das Grundmodell für einen Marktstandard entwickelt zu haben. Dabei ist klar: Kein Vertragswerk ist „auf ewig in Stein gemeißelt“, sondern kann und soll sich weiterentwickeln. Anlagen zu den Verträgen haben wir bewusst nicht vorgegeben. Die Einzelfragen und Gestaltungsvarianten sind zu vielfältig, als dass wir als Arbeitsgruppe eine Vorfestlegung treffen wollten. Dennoch: Der Mustervertrag bestimmt die Struktur und Begrifflichkeiten, auf denen die Ersteller der Anlagen aufbauen können.

Eine englische Version des Mustervertrages soll für seine internationale Verbreitung und Akzeptanz sorgen. Das „Export-Modell Industrie 4.0“ wird weltweit beachtet. Das gilt auch für die Arbeit der AG 4 „Rechtliche Rahmenbedingungen“ und – so hoffen wir – nunmehr auch für den Mustervertrag. Wir haben ihn einer sogenannten „Creative Commons“ Lizenz unterstellt. Jeder kann ihn für eigene Zwecke nutzen und anpassen. Lediglich bei einer Übernahme des Wortlauts in gewerbliche Publikationen möchten wir als Autorengruppe genannt werden.

Weshalb ist es zu empfehlen, den Mustervertrag zu benutzen?

Wir empfehlen die Nutzung des Mustervertrags, weil er die verschiedenen Perspektiven der Betreiber- und der Nutzerseite im Sinne eines ausgewogenen Musters verbindet. Der Verwender muss nicht „das Rad neu erfinden“. Unsere sorgfältigen Vorüberlegungen sind zudem in einem Vertragsleitfaden näher ausgeführt, der demnächst veröffentlicht werden soll. Damit kann jeder Verwender – egal, ob als Plattformbetreiber oder Nutzer – seine Transaktionskosten für die Erstellung und Verhandlung eines gesamten Vertragswerks wie auch für den Abgleich einzelner Klausen gegenüber dem üblichen Standard senken und schneller zu besseren Vertragsabschlüssen kommen.