Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management bei Festo, leitet derzeit den Lenkungskreis der Plattform Industrie 4.0.

Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management bei Festo, leitet derzeit den Lenkungskreis der Plattform Industrie 4.0.

© Bildrechte: Festo AG

1. Frage: Warum braucht es ein Leitbild 2030 für Industrie 4.0? Hat die Plattform Industrie 4.0 den Begriff nicht schon hinreichend definiert?

Ich sehe das Leitbild als eine Art Fahrplan in die Zukunft, wie digitale Ökosysteme global gestaltet werden können. Diesen Fahrplan brauchen wir unbedingt, da wir uns in einer neuen Phase von Industrie 4.0 befinden. Es geht nicht mehr nur um die Entwicklung von Einzellösungen, sondern um die Ausgestaltung von ganzheitlichen Ökosystemen. Das Leitbild beschreibt Industrie 4.0 als gesamtgesellschaftlichen Prozess, der Technik mit Werten verbindet. Das Leitbild hilft uns, die Arbeit der Plattform Industrie 4.0 zu bündeln und zu fokussieren, damit die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Ziele voranschreiten kann. Es hilft uns aber auch, unsere Vorstellungen und Werte mit Partnern in Europa und der ganzen Welt zu diskutieren, um gemeinsam die globalen Ökosysteme für unsere Industrien zu gestalten. Das Leitbild 2030 leistet also einen wichtigen Beitrag zur Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrien.

2. Frage: Können Sie uns in fünf Sätzen zusammenfassen, worum es im Leitbild inhaltlich geht?

Das Leitbild benennt drei wertebasierte Aspekte zur Gestaltung digitaler Ökosysteme im globalen Kontext: Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit. Beim Thema Souveränität müssen wir sicherstellen, dass Unternehmen, ob groß oder klein, die gleichen Chancen für einen fairen Wettbewerb haben. Die Interoperabilität stellt die flexible Vernetzung der Akteure über alle Systemgrenzen sicher. Die Verbindung von ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit verbirgt sich unter dem dritten Aspekt. Handlungsschwerpunkte sind zum Beispiel die Schaffung einer souveränen digitalen Infrastruktur in Europa oder die Etablierung von internationalen Standards als Voraussetzung für die reibungslose Zusammenarbeit einzelner Komponenten in einer vernetzten Produktion. Wichtige Fragen sind außerdem, wie die Plattform mit digitalen Methoden den möglichst effizienten Einsatz von Ressourcen unterstützen oder wie die Arbeitswelt mit Industrie 4.0 zum Nutzen der Menschen gestaltet werden kann.

3. Frage: Das Leitbild soll leiten. Wie arbeitet die Plattform daran, das Leitbild Wirklichkeit werden zu lassen?

Basierend auf dem Leitbild wird ein 10-Punkteplan erarbeitet, der den Akteuren in der Plattform Industrie 4.0 als Handlungs- und Orientierungsrahmen dienen soll. Die Arbeitsgruppen der Plattform werden sich intensiv mit der Umsetzung der einzelnen Punkte beschäftigen. Der Auftakt hierzu findet auf der AG-Klausur am 27. September in Berlin statt. Für Themen, die nicht allein über die Plattform und ihre Arbeitsgruppen umgesetzt werden, können eigene Initiativen und Projekte von Akteuren der Plattform sowie von außerhalb aufgesetzt werden. Hierzu zählen zum Beispiel Initiativen zur Unterstützung europäischer Cloud-Infrastrukturen, Beiträge zum Thema Nachhaltigkeit und Industrie 4.0 oder auch Projekte zur Praxisumsetzung der Referenzarchitektur mit Verwaltungsschalen. Und wir wollen auch mit den anderen nationalen Plattformen an der Umsetzung des Leitbildes arbeiten. Der Digitalgipfel am 28. und 29. Oktober bietet hier eine gute Gelegenheit. Außerdem werden wir mit allen interessierten Partnern in Europa und der gesamten Welt darüber sprechen, wie wir einzelne Aspekte des Leitbilds gemeinsam umsetzen können.


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