Henning Banthien, Secretary General der Plattform Industrie 4.0, auf der Veranstaltungsreihe Industrie4.0@Mittelstand

Henning Banthien, Secretary General der Plattform Industrie 4.0, auf der Veranstaltungsreihe Industrie4.0@Mittelstand

© DIHK / Nils Hasenau

Zeit für ein Resümee zur Hannover Messe: Was waren für Sie die Schwerpunkte der Plattform im letzten Jahr?

Seit der Hannover Messe 2018 hat sich einiges getan. Letztes Jahr stand die Messe für die Plattform im Zeichen von internationalen Kooperationen. Und das Interesse an Partnerschaften und Austausch ist ungebrochen. 2018 waren wir Partner bei der Hannover Messe Chicago, u.a. beim Forum I4.0 auf der International Manufacturing Technology Show. Auf der Deutsch-Chinesischen Jahrestagung der Staatssekretäre und Vizeminister zur Intelligenten Fertigung gab es einen intensiven Austausch über Chancen und Herausforderungen von I4.0. Die Kooperation mit Japan hat sich v.a. zu KMU-Unterstützung, IT-Sicherheit und Zukunft der Arbeit intensiviert. Mit dem Industrial Internet Consortium haben wir neue Arbeitsschwerpunkte rund um Interoperabilität vereinbart. Und auch die anderen Partnerschaften wachsen: Mit Mexiko haben wir eine Kooperation vereinbart. Mit den Niederlanden arbeiten wir v.a. zu Testbeds noch enger zusammen. Und trilateral wächst die Partnerschaft zwischen Deutschland, Italien und Frankreich, sowie mit Österreich und der Schweiz.

Diese internationale Zusammenarbeit zeigt, dass wir die Herausforderungen der Industrie 4.0 nur gemeinsam bewältigen können. Eine der Herausforderungen ist die Standardisierung. Hier sind wir mit der Spezifizierung der Verwaltungsschale deutlich vorangekommen, denn wir zeigen konkret, wie die Implementierung klappt: Verwaltungsschale in der Praxis! Auch die gesamteuropäische Zusammenarbeit bei der Industrie 4.0-Standardisierung wurde im Juli 2018 in Brüssel gestärkt. Gemeinsam soll nun „Smart Manufacturing−Made in Europe“ vorangetrieben werden. Die Blaupause für die smarte Vernetzung von Assets lieferte die Plattform im November auf der Fachmesse „SPS Drives“ als Teil unserer Publikationsreihe zur Verwaltungsschale. Zudem formulierte die Plattform Lösungsansätze für zentrale Herausforderungen in der IT-Sicherheit z.B. über ein Konzept zum Thema Vertrauenswürdigkeit. Die AG3 zu Sicherheit vernetzter Systeme, veranstaltete eine internationale Fachkonferenz zu Cyber-Sicherheit in der Industrie 4.0 und brachte dazu Key Player zusammen.

Es gibt keine Zweifel mehr. Die Industrie 4.0 ist in der Praxis angekommen – und beim Mittelstand. Den unterstützen jetzt schon 20 Partner mit ihrem Know-how im Transfer Netzwerk Industrie 4.0. Zusammen mit den IHKs haben wir Unternehmern auf über 50 Veranstaltungen die Chancen der vernetzten Industrie aufgezeigt und praxisrelevante Inhalte vermittelt.

Das sind natürlich nur ein paar Schlaglichter. Auch in den Themenbereichen Aus- und Weiterbildung, Forschung, Geschäftsmodelle und Recht haben unsere Expertinnen und Experten wegweisende Ansätze formuliert. Zur Messe gibt es viele brandneue Publikationen, z.B. zu Digitalen Geschäftsmodellen für Industrie 4.0 oder zu KI und Recht. Und unsere Publikationen stoßen auf wachsendes Interesse, v.a. aus dem englischsprachigen Raum. Sie wurden 2018 über 260.000mal heruntergeladen – mit der Verwaltungsschale und digitalen Geschäftsmodellen an der Spitze.

Es wurde also viel geschafft. Doch wie geht es weiter? Wie sieht I4.0 2030 aus?

Dafür will ich zunächst noch acht Jahre weiter zurückblicken. So alt ist der Begriff Industrie 4.0 nun. Und seitdem ist viel passiert. In den acht Jahren hat sich Industrie 4.0 vom Schlagwort zur internationalen Top-Marke und zum praxiserprobten Ansatz entwickelt. Immer mehr Industrieunternehmen haben ihre Ideen von digitaler Produktion, Services und Geschäftsmodellen in die Anwendung überführt.

Mit dieser Erfahrung ist es jetzt Zeit, Industrie 4.0 weiter zu denken: Wie wird ein digitales Wertschöpfungssystem weltweit aussehen? Und wie soll es aussehen? Expertinnen und Experten der Plattform Industrie 4.0 haben sich im vergangenen Jahr daran gemacht, das Verständnis von Industrie 4.0 neu auszurichten und ein Leitbild 2030 der Industrie 4.0 entwickelt. Denn Industrie 4.0 ist nicht wegzudenken, wenn wir als Gesellschaft durch digitale Transformation die Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqualität in Deutschland und Europa steigern wollen.

Auf der Hannover Messe stellen wir das Leitbild 2030 der Industrie 4.0 mit den Leitbegriffen „Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit“ vor. Wir verstehen das Leitbild als Diskussionsbeitrag und möchten dazu ins Gespräch kommen. Aus diesem nationalen und internationalen Dialog heraus, wollen wir ein gemeinsam geteiltes Bild der digitalisierten Produktion der Zukunft schaffen. Wir möchten die Begriffe Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit mit konkreten Zielen hinterlegen. Auf der Messe zeigen wir, welche Beiträge die Plattform Industrie 4.0 bereits heute zum digitalen Ökosystem der Zukunft geleistet hat und was wir uns vorgenommen haben.

Können wir auf der Hannover Messe also schon einmal in diese Zukunft blicken?

Souverän, interoperabel und nachhaltig. So sieht unser Industrie 4.0 Zukunftsblick aus. Auf unserem Messestand in Halle 8 können sie mit uns in die Zukunft blicken und die drei Leitplanken in interaktiver Form erleben: Souveränität ermöglicht die Freiheit aller Akteure am Markt selbstbestimmt und unabhängig Entscheidungen zu treffen – von der Technologieentwicklung bis zur Gestaltung der Geschäftsmodelle. Unbeschränkte Vernetzung und Teilhabe an digitalen Wertschöpfungsnetzen wird erst durch interoperable Strukturen und Schnittstellen möglich. Und Interoperabilität ist eine Kernkompetenz der Plattform, die nationalen und internationalen Standards und Integration den Weg bereitet. Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit stellen einen fundamentalen Eckpfeiler der gesellschaftlichen Wertorientierung dar. Diese Aspekte fließen einerseits in Industrie 4.0 ein, andererseits ermöglicht Industrie 4.0 den Nachhaltigkeitsbestrebungen erhebliche Fortschritte.

Wie die Arbeitsgruppen der Plattform dies schon heute in die Realität umsetzen, können sie auf unseren Themeninseln erleben, genauso wie die Arbeit unserer Stand-Partner, Labs Network Industrie 4.0 und Standardization Council 4.0. Auch auf dem diesjährigen Leaders’ Dialogue geht es um das Leitbild 2030 für Industrie 4.0. Aus unterschiedlichsten Perspektiven wird die Gestaltung globaler digitaler Ökosysteme diskutiert. Unter anderen sprechen Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Forschungsministerin Anja Karliczek und Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management, Festo AG & Co. KG und Leiter des Lenkungskreises Plattform Industrie 4.0.