Anwendungsbeispiele: Produzierende Industrie
Produktbeispiele: Mechatronische Anlagen
Wertschöpfungsbereich: Produktion & Lieferkette, Service
Entwicklungsstadium: Markteinführung / Pilot
Unternehmensgröße: 5000 - 15.000 Mitarbeiter
Region: Baden Württemberg
Treiben die Digitalisierung bei Schuler im Sinne der Kunden voran: Stephan Paul, Dieter Reisch, Tobias Schwarz und Jürgen Woll (v.l.n.r.)

Treiben die Digitalisierung bei Schuler im Sinne der Kunden voran: Stephan Paul, Dieter Reisch, Tobias Schwarz und Jürgen Woll (v.l.n.r.)

© Schuler

Welche Herausforderungen galt es zu lösen und welcher konkrete Nutzen ergab sich?

Bereits vor zwei Jahren hat Schuler die Umsetzung einer Digitalstrategie in Angriff genommen. Das Ziel ist das vernetzte, intelligente Presswerk, in dem Big Data und das Industrial Internet of Things klug eingesetzt werden, um die Fertigung der Kunden besonders produktiv und stabil zu machen. Auf dem Weg dorthin wurden beachtliche Fortschritte erzielt.

Aktuell modernisieren wir die Prozess- und Steuerungsebene unserer Pressen und schaffen damit die Grundlage für zusätzliche digitale Dienste, die wir ab Herbst 2018 anbieten werden. Wir fassen die Pressen-Steuerung in standardisierte Grundmodule und produktspezifische Module zusammen, die jeweils über einheitliche Richtlinien zum Beispiel für Programmierung, Software-Schnittstellen, Hardware und Visualisierung der Bedieneinheiten verfügen. Diese Module bilden dann die Grundlage für die Produktentwicklung aller Schuler-Divisionen. Je nach Kunde und Anforderung können sie passgenau um maschinenspezifische Funktionen für Analyse, Diagnose, Wartung und Simulation erweitert werden.

Wie lässt sich der Industrie 4.0-Lösungsansatz beschreiben?

Kunden erhalten Zugang zu einer Reihe von digital gestützten Analyse- und Optimierungstools, um im engen Schulterschluss mit Schuler-Experten mittels gezielter Datenanalysen die Effektivität der Gesamtanlage zu analysieren und zu steigern. Die Basis dafür bilden Kennwerte, die entlang der Prozesskette sowie durch Sensoren in der Anlage erhoben werden und Auskunft etwa über Energieverbrauch, Belastungszyklen, Stillstände, Rüstzeiten, Performance- oder Qualitätszustände bzw. -verluste oder auch mögliche Bedienerfehler geben.

„Brachliegende Potenziale der Pressen lassen sich effektiv nutzen, Fehler oder Unregelmäßigkeiten in der Produktion können dank einer vorausschauenden Wartung rechtzeitig vorhergesagt werden.“ Tobias Schwarz, Leiter der zentralen Produktentwicklung bei Schuler

Was konnte erreicht werden?

Integrierte Webfunktionen und Apps, die stationär oder via Smart Device nutzbar sind, werden genauso notwendig wie Standardschnittstellen für die ERP- und SAP-Systeme des Kunden, um die Produktion auf der Betriebsebene durchsichtiger und konsequent steuerbar zu machen. Höchste Priorität hat dabei auch das Thema Cyber Security. Schuler wird diese Thematik zukünftig mit zusätzlichen und dezidierten Ressourcen speziell für die Automatisierungstechnik unterstützen.

Dreh- und Angelpunkt des digitalen Werkzeugkoffers von Schuler ist ein Machine Monitoring System, das über sechs Funktions-Module verfügt. Mit ihnen lassen sich Betriebszustände er fassen, analysieren, speichern und auswerten. Das System ist sowohl für Neu- wie Altanlagen geeignet und an der Anlage im Werk, via Server und Netzwerk beim Kunden und zukünftig auch aus der Cloud heraus bedien- und steuerbar.

Mit welchen Maßnahmen wurde die Lösung erreicht?

1.     OEE-MONITORING

Die OEE („Overall Equipment Effectiveness“) ist eine sehr wichtige, anlagenbezogene Kennzahl. Sie gibt Auskunft über die Veränderungen von Ist zu Soll innerhalb der Bereiche Verfügbarkeit, Performance und Qualität. Die OEE liegt bei 100 Prozent, wenn die Anlage über die gesamte Produktionszeit mit voller geplanter Hubzahl ausschließlich Gutteile herstellt. Jegliche Unterbrechungen oder Störungen senken die Anzahl der hergestellten Gutteile innerhalb des Produktionszeitraums – und damit die OEE.

2.     PROCESS MONITORING

Im Grunde werden hier die gleichen Rohdaten erhoben wie bei der Zustandsüberwachung, jedoch nicht im Testlauf, sondern im tatsächlichen Fertigungsprozess. Entsprechen die Gutteile hinsichtlich Qualität und Quantität  exakt den Vorstellungen? Stimmen das Presskraftverhalten und der Schwingungsverlauf? Welche Parameter müssen unter Umständen zyklusgenau angepasst werden?

3.     TRACK&TRACE

(Teileverfolgung und Qualitätsdatenerfassung)

Erfassung, Zuordnung und Archivierung all jener Daten eines produzierten Teils, die für dessen Qualität relevant sind. Die Teile lassen sich so auch innerhalb eines mehrstufigen Produktionsprozesses mit immer komplexeren Baugruppen sicher und eindeutig identifizieren. Bei etwaigen Qualitätsproblemen ist dieser lückenlose Nachweis von großer Bedeutung.

4.     CONDITION MONITORING

Maschinenkomponenten werden auf Veränderungen, Verschleiß oder Schäden hin überwacht, um die Instandhaltung zu optimieren. Dazu erfolgen regelmäßig Testläufe einer Anlage, bei denen unter anderem Schwingungsdaten, Drehmomentverläufe oder der Energieverbrauch gemessen, gespeichert und abgeglichen werden.

5.     POWER MONITORING

In diesem Modul werden alle relevanten Daten rund um die Netz- und Energiequalität der Anlage gespeichert und analysiert. Wie steht es um den Verbrauch in Abhängigkeit von bestimmten Betriebszuständen? Wann erreicht man den optimalen Zustand? Wie effizient ist die Stromaufnahme? Wann kommt es zu Spannungsschwankungen oder -einbrüchen?

6.     SMART DIAGNOSTICS

Funktioniert ähnlich wie die Black Box eines Flugzeugs: Ausgewählte Daten, die während der Produktion anfallen, werden laufend automatisch gespeichert. Kommt es zu Störungen oder einem Ausfall, lässt sich rückblickend analysieren, was die Ursache war, zum Beispiel ein Softwarefehler oder ein defektes Bauteil.

Was können andere davon lernen?

Mit Hilfe des Industrial Internet of Things versuchen wir, Mehrwert für unsere Kunden zu generieren. Durch unser Machine Monitoring System stellen wir Transparenz über den Produktionsprozess her. Anschließend sind detaillierte Auswertungen möglich, um die Verfügbarkeit und Effizienz einer Anlage zu steigern. Künftig lassen sich zudem verlässliche Voraussagen machen, wann welches Bauteil repariert oder ausgewechselt werden muss, bevor es zu Unregelmäßigkeiten im Betrieb kommt.

Die Digitalisierung hat aber auch Auswirkungen auf die internen Abläufe von Schuler. Wir nutzen moderne Soft- und Hardware, um in allen Bereichen, Divisionen und Regionen mehr Transparenz und Effizienz zu schaffen. So wurde unter anderem der Überblick über internationale Projekte deutlich verbessert, das Projekt-Reporting ist schneller und  die Datenqualität höher. Außerdem bildet Schuler zum Beispiel seinen jährlichen, strategischen Planungsprozess vollständig auf einer zentralen IT-Plattform ab. Sie unterstützt die einzelnen Prozessschritte, sammelt alle relevanten Daten und stellt sie den beteiligten Akteuren im Unternehmen zur Verfügung.