Thomas Hahn, Chief Software Expert Siemens und Mitglied des Lenkungskreises der Plattform Industrie 4.0

Thomas Hahn, Chief Software Expert Siemens und Mitglied des Lenkungskreises der Plattform Industrie 4.0

© Thomas Hahn/Siemens AG

Was sind die notwendigen Voraussetzungen für einen „Datenraum Industrie 4.0“?

Der „Datenraum Industrie 4.0“ ist die Basis für ein internationales, unternehmensübergreifendes, kollaboratives Wertschöpfungsnetzwerk. Darin können Daten interoperabel auf Grundlage von Vertrauen, Integrität, Sicherheit und individueller Souveränität ausgetauscht werden. Strukturell definiert sich dieses Netzwerk durch geschäftliche, rechtliche und technische Dimensionen. Grundlagen dafür sind vor allem Frameworks, Routinen, Standards und Richtlinien.

Entscheidend dabei ist ein quantifizierbarer Wertschöpfungsbeitrag für alle Beteiligten (Nutzer, Anbieter, Maschinenhersteller, Betreiber, Service etc.). Herzstück des Datenraumes sind die Anwendungsfälle, die durch den unternehmensübergreifenden Datentausch eine höhere Wertschöpfung realisieren können. Wie man so schön sagt: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken“.

Aktuell fokussieren wir noch stark auf technische und konzeptionelle Fragestellungen. Um Datenräume nachhaltig attraktiv zu machen, diskutieren wir den Wertschöpfungsbeitrag zunehmend. Gemeinsam mit unseren Partnern in der Plattform Industrie 4.0 gehen wir es ganzheitlich an!

Welche Vorteile bringt ein „Datenraum Industrie 4.0“ für Industrie 4.0 Anwendungen?

Im Zentrum steht die unternehmens- und industrieübergreifende Nutzung von Daten. So können wir existierende Prozesse optimieren (Effizienzerhöhung, Qualitätsverbesserung, Serviceanforderung, Nachhaltigkeitsthemen) oder neue „datengetriebene“ und auch nachhaltige Geschäftsmodelle ermöglichen (Pay-per-Use, Service- und Subskriptionsangebote, etc.). Bis dato wird hierfür nur ein Bruchteil der vorhandenen Daten genutzt. Selbstverständlich müssen noch viele Fragen vertieft werden: Cyber-Security, Rechtssicherheit, Transparenz, Austauschformate oder Kontrolle über die eigenen Daten. Bei einem „Datenraum Industrie 4.0“ handelt es sich einerseits um einen „Standard“ und anderseits um eine „Austauschplattform“. Hierbei muss die individuelle unternehmerische Freiheit am Markt bei gleichzeitiger Kollaborationsfähigkeit der Marktteilnehmer garantieren werden.

Bekanntlich gibt es hierzu verschiedene begleitende Initiativen wie Gaia-X (Federated Services für Sicherheit, Souveränität, Portabilität respektive Interoperabilität und letztendlich Kontrolle über die eigenen Daten), Catena-X (Automotive-Allianz mit Use-Cases über CO2-Footprint, Supply Chain etc.) oder die Industrial Digital Twin Association (digitaler Zwilling, Asset Administration Shell). Andere wichtige Beispiele sind die Initiativen der Industrie-Verbände (Initiativen von VDMA zum OPC UA Framework und Standards bezüglich Companion Specification zur Beschreibung der Assets).

Transparente Leitlinien für den Datenraum Industrie 4.0 können hierzu einen wertvollen, lösungsorientierten Beitrag leisten.

Gibt es einen rein deutschen Datenraum oder muss dieser europäisch bzw. global gedacht sein?

Besonders die deutsche Industrie lebt vom Export. Sowohl große als auch mittelständische Unternehmen sind Global Player. Es geht darum, „Standards“ zu setzen, um führende Positionen zu erhalten und auszubauen – was wir auch können.

Die Industrie betreibt ein globales Produktionsnetzwerk auf Basis eines regelbasierten Freihandels und offenem Zugang zu Märkten.