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Collaborative Condition Monitoring

© iStock/gorodenkoff

Vom Puzzleteil zum Gesamtbild

Puzzlespielen ist Alltag in der deutschen Industrie, wie das folgende Beispiel vereinfacht zeigt: Ein Komponentenlieferant produziert viele Einzelteile. Die Einzelteile gehen an einen Maschinenlieferanten, der aus den Teilen verschiedener Lieferanten eine Maschine produziert. Ein Betreiber setzt in seiner Fabrik viele verschiedene Maschinen in seinem Produktionssystem ein. Die Puzzleteile fügen sich zu einem großen Bild.
Doch wie kann sichergestellt werden, dass die Komponenten und Maschinen zuverlässig und lange funktionieren? Dafür gibt es Condition Monitoring (CM). Das klassische CM sammelt alle Betriebsdaten und analysiert sie. Dazu gehören bspw. Schwingung, Temperatur oder andere physikalische Messwerte, die zusammen den Maschinenzustand bilden. Heutzutage werden diese Daten aber nur bilateral geteilt, bspw. ausschließlich zwischen Maschinenlieferant und Betreiber. Der Nachteil liegt auf der Hand: Die Beteiligten sehen jeweils nur ihre Puzzleteile, aber nicht das Gesamtbild. Das Gesamtsystem zu optimieren, ist sehr schwierig.


Hier setzt Collaborative Condition Monitoring (CCM) an. Im Vergleich zu CM werden Daten nicht nur bilateral, sondern multilateral über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk geteilt: Gemeinsames Puzzeln. Wenn alle ihre Daten auf einer herstellerunabhängigen digitalen Plattform bereitstellen, kann das Gesamtsystem optimiert werden. So kann z.B. die Lebensdauer einer Maschine steigen, genauso wie die Lebensdauer einer Komponente. Davon profitieren alle entlang der Wertschöpfungskette.

Collaborative Condition Monitoring als Chance für Souveränität

Wertschöpfungsketten werden zunehmend zu flexiblen, hochdynamischen und globalen Ökosystemen. Diese Ökosysteme will die Plattform Industrie 4.0 gestalten. Mit ihrem Leitbild 2030 versteht sie Industrie 4.0 als ganzheitlichen Transformationsprozess von Wirtschaft und Gesellschaft. Im Zentrum des Wandels stehen digitale Geschäftsmodelle. Die Plattform zeigt die Chancen von Industrie 4.0 für datengetriebene Geschäftsmodelle und B2B-Plattformen. Der übergreifende Use Case „Collaborative Condition Monitoring“ verdeutlicht, wie digitale Ökosysteme selbstbestimmt gestaltet werden können. Denn in der Industrie 4.0 bekommen Daten, digitale Technologien und digitale Infrastruktur eine strategische Bedeutung für die Produktion. Souveränität ist essentiell für die deutsche und europäische Industrie. So soll CCM auch als Use Case für das Dateninfrastrukturprojekt GAIA-X dienen.

Der kollaborative Aspekt

Die Grundlage für CCM ist Big Data – und der grundsätzliche Zugriff aller Akteure darauf. Erst so wird es möglich wiederkehrende Muster im Betriebsverhalten einzelner Komponenten zu erkennen oder den langfristigen Verschleiß einer Maschine zu analysieren. Vereinfacht lässt sich sagen: Je mehr Daten von vielen und verschiedenen Akteuren verfügbar sind, umso eindeutiger sind die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse. Und diese Erkenntnisse sind vorteilhaft für alle Akteure im Wertschöpfungsnetzwerk.
Allerdings können diese Vorteile nur durch weitreichende Kollaboration erreicht werden. Erst durch das Zusammenschalten und die entsprechenden Korrelationen erhalten die Daten einen Wert. Die Puzzleteile fügen sich zusammen. Für den Betreiber, der Einzeldaten erzeugt, sind sie ohne weitere Verknüpfung wertlos.


Dazu müssen Komponentenlieferanten, Maschinenlieferanten und Betreiber über Unternehmensgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Nur so kann eine entsprechend große Datenbasis entstehen, von der alle Akteure profitieren. Neben der technischen Umsetzung stellt sich jedoch insbesondere eine Frage: Wie können die verschiedenen Akteure dazu ermutigt werden, bisherige bilaterale Kooperationsmuster zu sprengen und ihre Daten für das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk bereitzustellen? Damit eng verbunden ist die Frage, wie der generierte Profit fair über die Akteure verteilt wird.


Als Antwort auf diese Fragen erarbeitet die Plattform Industrie 4.0 ein White Paper.