Anwendungsbeispiele: Produzierende Industrie
Produktbeispiele: Produktionsdienstleistungen
Wertschöpfungsbereich: Produktion & Lieferkette
Entwicklungsstadium: Marktreife / produktiver Einsatz
Unternehmensgröße: mehr als 15.000 Mitarbeiter
Region: Sachsen-Anhalt
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Nockenwellenproduktion

© ThyssenKrupp AG

Welche Herausforderungen galt es zu lösen und welcher konkrete Nutzen ergab sich?

Innerhalb von ThyssenKrupp gibt es eine Fülle von Anknüpfungspunkten für Industrie 4.0 - nicht nur bei den Produktionsprozessen. Es geht um die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette: von der Produktentwicklung bis zum Ende des Produktlebenszyklus. Mithilfe von Industrie 4.0-Methoden werden beispielsweise das Energiemanagement verbessert, neue Lösungen für Wartung und Instandhaltung gefunden sowie Logistik und Service nachhaltig verbessert. Diese Methoden führen zu einer Qualitätsverbesserung, Ausschussreduzierung und Produktivitätssteigerung. Neben der Prozessoptimierung werden auf diese Weise weltweite Standards geschaffen.

Wie lässt sich der Industrie 4.0-Lösungsansatz beschreiben?

In Ilsenburg verschmilzt die physische Welt der Dinge mit den Datennetzen zu einem einzigen System, einem "cyber-physischen System" - und genau so soll die Zukunft der industriellen Produktion aussehen. Voraussetzung ist, dass möglichst alle Elemente der Produktion einen Namen, eine Geschichte und eine Schnittstelle zum Web haben. Ziel ist die "intelligente Fabrik" oder "Smart Factory", die selbststeuernd, lernfähig und flexibel operiert. Dabei heißt Flexibilität unter anderem, dass auch kleine Losgrößen beherrscht werden - bis zur berühmten Losgröße 1. Das bedeutet: weg von der Massenproduktion, hin zu individualisierten Produkten.

Was konnte erreicht werden?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben hauptsächlich eine Aufgabe: Sie "horchen" in die automatisch ablaufenden Prozesse hinein. Mit Barcode- oder Matrixcode-Scannern, mit RFID-Lesegeräten und Tablets mit Datenerfassungsmodulen. Was sie kontrollieren, sind nicht einzelne Maschinen oder Prozesse, sondern das System. Etwa 700 Beschäftigte sind in diesem Werk damit beschäftigt, Nockenwellen zu "bauen". Im Gegensatz zum Gießen oder Schmieden erlaubt das Bauen verschiedene Materialien zu kombinieren und beispielsweise sehr feste Werkstoffe für die Nocken zu verwenden. Das Verfahren ist wirt-schaftlicher und ermöglicht eine Gewichtsreduzierung der Produkte - dafür ist die Fertigung jedoch komplexer.

Mit welchen Maßnahmen wurde die Lösung erreicht?

In der Nockenwellenproduktion ist die individuelle Behandlung und Verfolgung von einzelnen Werkstücken durch die Prozesskette umgesetzt. Zu Beginn der Prozesskette erhält das Werkstück eine (zunächst vorläufige) Identität. Die Montage erfolgt durch das Aufpressen der einzelnen Komponenten auf eine zuvor durch eine Rollieroperation vorbereitete Fügestelle. Diese Rollieroperation ist regelbar bezüglich der Überdeckung, die für das Aufpressen zur Verfügung steht. In Abhängigkeit von Trendparametern vorangegangener Fügeoperationen und nachgelagerter Bearbeitungsoperationen äquivalenter Komponenten, wird hierbei der Prozess geregelt. Die Vermessung der montierten Roh-Nockenwelle liefert Eingangsdaten für die nachfolgende Bearbeitung: Werkstückspezifische Maße werden hierbei zur Anpassung der Bahndaten der Schleifmaschinen benutzt, um Bearbeitung "ins Leere" oder zu schnelle Zustellung zu vermeiden.

Wenn keine Risse gefunden werden, erhält die Nockenwelle jetzt ihre Identität: Sie bekommt einen "Namen" in ihre Flanke gelasert. In einem DataMatrix-Code (ähnlich wie ein QR-Code) trägt die Nockenwelle ab sofort und lebenslang Informationen mit sich, wie z.B: Seriennummer, Zeichnungsnummer, Sachnummer und Kundenkennung. Sie hat jetzt einen Ausweis, denn namenlos geht es von hier aus nicht mehr weiter - jede Nockenwelle muss sich bei der nächsten Maschine individuell anmelden. So weiß die Anlage, ob das Produkt den richtigen Status hat und überhaupt auf dieser Anlage verbaut werden darf, oder ob ein vorrangiger Prozessschritt fehlt.

Es gibt verschiedene Ausschlusskriterien beim DataMatrix-Code: NA ("not applicable"), NIO ("not in order") oder "keine Nummer". Jede Nockenwelle ist dadurch über eine Schnittstelle mit dem Netz verbunden, in dem eine Datenbank liegt. Diese Datenbank wird auch "Rezeptur" genannt. Da die Datenbank weltweit für alle Standorte zugänglich ist, lassen sich nachfolgende Prozessschritte einfacher modifizieren, um zum Beispiel bessere Fertigungstoleranzen zu erreichen. Montagelinien und Maschinen können jederzeit mit einer neuen "Rezeptur" beeinflusst werden.